Bundesländerübergreifender Schulterschluss gegen Straßenrowdys

05.04.2022
Copyright PID/VOTAVA
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Bessere Vernetzung durch gemeinsame Task-Force - Dauerhafte Beschlagnahme des Autos bei Wiederholungstätern

Nächtliches Aufheulen der Motoren im Siedlungsgebiet mit Lautstärken von über 120 Dezibel, gefährliche Duelle in illegalen Straßenrennen bei Geschwindigkeiten jenseits der 100 km/h mitten im Ortsgebiet: Mit diesen und ähnlichen massiven Anrainer-Belastungen und der groben Gefährdung der Sicherheit im Straßenverkehr durch Straßenrowdys und der organisierten Roadrunner-Szene, soll noch stärker entgegengewirkt werden.

In einem bundesländerübergreifenden Schulterschluss fordern die Wiener Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und die Verkehrslandesräte Stefan Schnöll (ÖVP) aus Salzburg und Sebastian Schuschnig (ÖVP) aus Kärnten weitere Verschärfungen in der Ahndung von gefährlichen Verkehrsdelikten.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Wiener Rathaus wurde heute ein umfassendes "Anti-Straßenrowdy-Maßnahmenbündel" präsentiert, das einerseits vom Bund umgesetzt werden muss und andererseits direkt von den Ländern angegangen wird. Konkret geht es um folgende Punkte:

  • Fahrzeug-Beschlagnahme in extremen Fällen von Raserei und besonders gefährlichen Verhaltensweisen
  • Einheitliches Bundesverwaltungsstrafregister
  • Task-Force Raser: Vernetzung der betroffenen Bundesländer gegen eine gut vernetzte Straßenrowdy-Szene
  • Bessere Möglichkeit zur Strafverfolgung
  • Verschärfungen gegen Drogen-Lenker

"Wir kennen die Problematik von illegalen Straßenrennen und Roadrunner auch in Wien und haben die Kontrollen in Zusammenarbeit mit der Polizei in der letzten Zeit enorm ausgeweitet. Um dem Problem entschiedener entgegentreten zu können, braucht es aber Verschärfungen auf Bundesebene. Wir wollen im Extremfall auch die Beschlagnahme von Fahrzeugen möglich machen", so die Wiener Mobilitätsstadträtin Ulli Sima. Und stellt klar: "Dabei geht es uns nicht um jene, die dann und wann etwas zu schnell unterwegs sind, sondern um extreme Raser, die mit ihrem Verhalten eine echte Gefahr sind. Die Sicherheit im Straßenverkehr hat nämlich oberste Priorität und hier braucht es weitere Maßnahmen." Sie bedankt sich bei ihrem Ressortkollegen aus Salzburg und Kärnten für die gute Zusammenarbeit und hofft auf rasche Lösungen von Bundesseite.

Der Kärntner Verkehrslandesrat Sebastian Schuschnig hat in Kärnten insbesondere mit illegalen Tuning-Treffen zu kämpfen: "Neben der Gefahr für die Verkehrssicherheit durch rücksichtsloser Raserei leiden auch Anrainer unter den Auswüchsen durch exzessive Lärm- und Geruchsbelästigung. Kärnten kämpft seit vielen Jahren, um mehr Handhabe gegen diese Exzesse bei illegale Autotuning-Treffen zu erreichen. Mit der Novelle des Kraftfahrgesetzes, die nun im Parlament liegt und die Kärntner Vorschläge umsetzt, konnten wir erste und wichtige Schritte erreichen, wie beispielsweise die kurzfristige Stilllegung von Autos durch die Exekutive für 72 Stunden. Doch es braucht weitere Sanktionen." Er plädiert gemeinsam mit seinen Kollegen weiterhin für ein österreichweit einheitliches Strafregister: "Derzeit ist es den Behörden kaum möglich, bereits rechtskräftig erfolgte Bestrafungen, insbesondere von Rasern, außerhalb der eigenen Zuständigkeitsbereiche eines Verwaltungsbezirkes zentral abzufragen. Es braucht österreichweit mehr Handhabe gegen Wiederholungtäter, sie müssen leichter als solche identifiziert werden können", so Schuschnig. Kärnten habe diese Forderung bereits bei der Landesverkehrsreferenten-Konferenz 2021 eingebracht, sie wurde auch einstimmig von allen Ländern beschlossen. "Die Länder sind sich einig, das Verkehrsministerium ist nun am Zug, die Umsetzung zu ermöglichen", so Schuschnig.

"Mit dem ersten Raserpaket sind bereits Verschärfungen in Kraft getreten, die erste Wirkungen zeigen. Die Verschärfungen waren ein erster wichtiger Schritt. Das ist uns aber noch nicht genug. Wir müssen noch weitere Maßnahmen setzen, um die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen zu erhöhen", so der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll, der neben extremen Geschwindigkeits-Überschreitungen Probleme im Kampf gegen Drogen sieht: "Neben extremen Rasern sind auch Fahrzeuglenker unter Drogeneinfluss ein massives Problem für die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen. Die Mindeststrafe und die Führerscheinentzugsdauer müssen auch bei Drogendelikten erhöht werden. Darüber hinaus ist die aktuelle Gesetzes-Lage nur schwer zu exekutieren. Es muss die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, dass der Nachweis des Konsums von Suchtmitteln im Blut die Strafbarkeit begründet. Damit wird die Möglichkeit der Aufgriffe um ein Vielfaches erhöht", so Schnöll, der sich bei seiner Wiener Kollegin und dem Kärntner Kollegen für die enge Kooperation bedankt: "Wir werden eine Task-Force Raser einrichten, in der sich unsere Experten eng abstimmen. Das ist eine völlig neue Art der Zusammenarbeit unserer Bundesländer im gemeinsamen Kampf gegen lebensgefährdende Raserei."

Die Forderungen im Detail:

Beschlagnahme bei extremen Rasern und besonders gefährlicher Verhaltensweisen

Besonders rücksichtslose Lenker sollen bei einer Geschwindigkeit von über 100 km/h im Ortsgebiet als "Extrem-Raser" eingestuft werden können. Der Wiederholungsfall soll zu einer Strafverschärfung führen. Das soll bis zu einer dauerhaften Beschlagnahmung des Fahrzeuges reichen. Dadurch soll eine maximal abschreckende Wirkung erzielt werden.

Einheitliches Bundesverwaltungsstrafregister

Derzeit gibt es österreichweit kein zentrales, bundesweit abrufbares Verwaltungsstrafregister. Aus diesem Grund ist es den Behörden nicht möglich einzusehen, ob es sich um Wiederholungstäter handelt oder nicht. In allen Fällen, bei denen der Strafkatalog einen Strafrahmen vorsieht, kann daher kein entsprechend höheres Strafausmaß festgesetzt werden. Um eventuell vermerkte Vorstrafen auch aus anderen Bundesländern einsehen zu können, soll die bundesweite Vereinheitlichung des Verwaltungsstrafregisters erfolgen. Durch die gesetzliche Verankerung der Datenweitergabe zwischen den Bundesländern verbessert sich etwa auch die Handhabe bei groß angelegten Raser-Treffen im Bundesgebiet.

"Task-Force Raser": Vernetzung der betroffenen Bundesländer gegen eine gut vernetzte Straßenrowdy-Szene

Die Zielgruppe extremer Raserei wird zunehmend kreativer, "Software-Tunings" werden immer häufiger. Um stets auf dem Laufenden zu bleiben, richten Wien, Salzburg und Kärnten eine "Task-Force Raser" ein, die mit Experten aus den Bundesländern beschickt wird und gemeinsame Weiterbildungen organisiert, einen Austausch über aktuelle Fälle ermöglichen soll und sicherstellt, dass die Bundesländer eng abgestimmt gegen neue Entwicklungen vorgehen kann, bis auch technische Neuerungen wie der Ereignisdatenspeicher dabei helfen.

"Eine enge Verzahnung unserer Experten wird dazu beitragen, dass wir den Straßenrowdys möglichst immer einen Schritt voraus sein werden", so die Verkehrsreferenten von Wien, Salzburg und Kärnten.

Bessere Möglichkeiten zur Strafverfolgung

"Neue technische Möglichkeiten geben uns neue Werkzeuge in die Hand, die wir intensiv nutzen wollen. Für extreme Überschreitungen muss es möglich sein, alle nur irgendwie verfügbaren Daten zu nutzen, um die Übertretung nachzuweisen", so der Salzburger Verkehrslandesrat Stefan Schnöll, der sich dazu vergangenes Jahr auch Inputs aus Berlin geholt hat.

Ab Juli 2024 ist beispielsweise der Event Data Recorder (Ereignisdatenspeicher) verpflichtend für PKW-Neuzulassungen in Europa zu verbauen. Dabei werden die letzten fünf Sekunden vor einem Unfall dokumentiert - zum Beispiel, wie schnell man gefahren ist, wie stark der Fahrer beschleunigt oder auf die Bremse getreten hat. Manche Hersteller speichern auch deutlich mehr, zum Beispiel wie viele Personen im Auto waren. Dies erleichtert die Rekonstruierung von Unfallhergängen oder auch die Beweisbarkeit von Geschwindigkeitsüberschreitungen enorm, wie Beispiele aus Deutschland zeigen, wo dieser Ereignisdatenspeicher so gut es geht bereits jetzt zur Beweisführung herangezogen wird.

Verschärfungen gegen Drogen-Lenker

Die Bundesländer fordern die Anhebung des Mindeststrafmaßes für Lenken in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand auf jene für Beeinträchtigung durch Alkohol mit einem Alkoholgehalt von 1,6 Promille. Bisher orientiert sich der Straftatbestand an der geringsten für Beeinträchtigung durch Alkohol vorgesehen Strafdrohung. Somit würde sich die Höhe der Mindeststrafe von bisher 800 € auf 1.600 € verdoppeln. Auch ein längerer Führerscheinentzug als die bisherigen 4 Wochen könnte mit einer Änderung im Führerscheingesetz festgelegt werden. Zudem soll die StVO dahingehend geändert werden, dass der Nachweis des Konsums von Suchtmitteln im Blut die Strafbarkeit begründet, somit keine zwingende Vorführung bei einem Amtsarzt erforderlich ist.