7. Wiener Antiatom-Gipfel – Czernohorszky: „Österreich muss Aktivitäten auf EU-Ebene verstärken!“

23.04.2022
Copyright PID/Votava
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Klima-Stadtrat warnt vor großem Sicherheitsrisiko bei Atomenergie und sieht Bundesregierung in der Pflicht; Resolution gegen Kernenergie im Gemeinderat am Mittwoch

"Wien setzt sich vehement für ein Ende der Nutzung von Kernenergie aus und fordert verstärkte Aktivitäten der Bundesregierung auf EU-Ebene: Diese Forderung haben wir gestern Freitag beim 7. Wiener Antiatom-Gipfel im Rathaus erhoben und eine Resolution erarbeitet, die auch kommende Woche im Wiener Gemeinderat als gemeinsamer Antrag aller Parteien beschlossen werden soll", betont Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.

Der Wiener Klimastadtrat hatte am Freitag gemeinsam mit der Wiener Umweltanwaltschaft zum 7. Antiatom-Gipfel ins Wiener Rathaus eingeladen - mit dabei waren alle im Landtag vertretenen Parteien, NGOs und Expert*innen.

"Kernenergie ist immer mit dem Risiko katastrophaler Unfälle verbunden, das haben die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima drastisch gezeigt - der Atomunfall in Tschernobyl jährt sich am 26. April zum 36. Mal", so Jürgen Czernohorszky. "Kernenergie ist nicht nur die gefährlichste Art der Stromerzeugung, sondern auch die teuerste. Und sobald sich die sicherheitspolitische Lage verschlechtert, ist Kernenergie ein enormes zusätzliches Sicherheitsrisiko, wie es uns der Krieg in der Ukraine drastisch vor Augen führt."

Gemeinsame Resolution

Die Europäische Union habe Kernenergie in die Taxonomie der klimafreundlichen und sogar "zukunftsfähigen" Technologien aufgenommen. "Einige Staaten in der EU haben angesichts des Krieges in der Ukraine längere Laufzeiten ihrer AKW zumindest erwogen", so Czernohorszky. "Aus diesen Gründen und aufgrund des dringenden Handlungsbedarfs in der Klimakrise fordern die Teilnehmer*innen des Wiener Atomgipfels die Bundesregierung auf, alle Möglichkeiten auf EU-Ebene und im bilateralen Kontakt zu nutzen, um klarzustellen, dass neue Atomkraftwerke keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern im Gegenteil wichtige Finanzmittel für den Klimaschutz binden!"

Einig war man sich beim Wiener Gipfel auch darüber, dass es wichtig ist, alle Bevölkerungsgruppen -speziell auch junge Menschen - für die Gefahren der Atomkraft zu sensibilisieren.

Darüber hinaus spricht sich der Wiener Gipfel für grenzüberschreitende UVP-Verfahren bei allen Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken, insbesondere bei der Laufzeitverlängerung französischer Kraftwerke, aus. Weiters möchte man sich für die Auflösung des EURATOM-Vertrages unter Gewährleistung der Überführung aller nötigen nuklearrechtlichen Regelungen in den EU-Vertrag (EUV) und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einsetzen.

"Als Atomschutzbeauftragte der Stadt Wien nimmt die Umweltanwaltschaft jede Gelegenheit wahr, sich für ein Europa ohne Kernenergieanlagen und für mehr Sicherheit auf dem Weg dahin einzusetzen", so Andrea Schnattinger, Wiener Umweltanwältin. "Mit den Laufzeitverlängerungen für alte AKW steigt das Risiko im dichtbesiedelten Europa weiter und dringend notwendige Umstellungen im Energiesystem werden aufgeschoben."

Einigkeit der Fraktionen

"Es gilt gemeinsam zu verhindern, dass Atomkraft wieder Aufwind bekommt und Gelder in diese Richtung gelenkt werden. Denn diese Mittel werden gerade jetzt für den Ausbau erneuerbarer Energien gebraucht", ist SPÖ-Gemeinderätin Nina Abrahamczik überzeugt.

"Kernenergie ist keine Lösung in der Klimakrise. Sie birgt ein hohes Energie-Systemrisiko und ist die teuerste Form der Stromerzeugung", betont NEOS-Gemeinderat Stefan Gara.

"Wir müssen alles daransetzen, die Atomkraft aus Europa zu verbannen", betont die grüne Gemeinderätin Huem Otero Garcia. "Auf Bundesebene gehört dazu die von der Bundesregierung geplante Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof gegen die Einstufung von Atomkraft als klimafreundliche Investition. Auch Städte spielen eine wichtige Rolle im Einsatz für saubere Energie, hier schätzen wir die wichtige Arbeit des von der Stadt Wien angeführten Städtenetzwerks gegen Atomkraft."

"Die Volkspartei war in ihrer Geschichte stets eine tragende Säule gegen Atomkraft", betont Umweltsprecher der Volkspartei Wien Gemeinderat Josef Mantl. "Österreich bildet mit seiner konsequenten Anti-Atomkraft-Politik jedoch leider die Ausnahme und nicht die Regel. Andere europäische Staaten rüsten ihre Atomkraftwerke sogar noch auf. Daher setzen wir uns auf allen Ebenen gegen diese gewaltigen Sicherheitsrisiken ein"

"Es ist klar, dass EURATOM die Wurzel allen Übels in der europäischen Atom-Politik ist. Nur ein Raus aus diesem Vertrag oder eine Auflösung kann nachhaltig auch die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten", betont FPÖ-Gemeinderat Udo Guggenbichler. "Atomstrom ist weder "grün", noch CO2 neutral und darf weder gefördert, noch als grüner Strom eingestuft werden. Das ist ein Rückschritt in der Antiatompolitik und muss mit allen Mitteln bekämpft werden. Ich freue mich über den Konsens aller Parteien des heutigen Antiatomgipfels!"

Hohes Risiko durch AKW in Nachbarländern

Stadtrat Jürgen Czernohorszky hat aktuell den Vorsitz des Netzwerks CNFE (Cities for a Nuclear Free Europe) und nutzt diese Funktion zur intensiven Vernetzung von Städten, die sich gegen Atomkraft engagieren. "Wir haben beim Gipfel am Freitag auch die aktuelle Lage der Atomkraftwerke in unseren Nachbarstaaten, wie Krsko, Paks und Mochovce, beleuchtet", so Jürgen Czernohorszky. "Fazit: Von allen Standorten geht ein hohes Risiko für Österreich aus - das AKW Krško ist sogar eines der erdbebengefährdetsten Atomkraftwerke in Europa, die geplante Betriebsverlängerung ist deshalb vehement abzulehnen!"