Das Jüdische Museum Wien, ein Museum der Wien Holding, präsentiert
von 13. Oktober 2022 bis 12. Februar 2023 im Museum Dorotheergasse die
Videoinstallation Apologies (Entschuldigungen). In der Arbeit des
taiwanesisch-amerikanischen Filmkünstlers James T. Hong entschuldigen
sich Staatsoberhäupter aus aller Welt für staatlich angeordnete oder
sanktionierte Verbrechen.
Entschuldigungen hinterfragen
Beginnend
mit Willi Brandt, der 1970 vor dem Denkmal des Warschauer
Ghettoaufstandes auf die Knie fiel, sind kommentarlos Entschuldigungen
aneinandergereiht. Jede Rede dauert nur wenige Minuten, dann folgt das
nächste Staatsoberhaupt mit der nächsten Entschuldigung, chronologisch
geordnet, bis in die jüngste Gegenwart. Jede oder jeder Einzelne liest
ihren oder seinen vorbereiteten Text, sie unterscheiden sich nur in
Mimik und Gestik. Jede Entschuldigung muss hinterfragt werden. Ist sie
ernsthaft empfunden oder nur ein Lippenbekenntnis? Hat der symbolische
Akt eine Wirkung? Manches Staatsoberhaupt ist sichtlich emotional
bewegt, manches liest die Entschuldigung scheinbar unbewegt ab. Manche
Entschuldigung wirkt ehrlich, manche erzwungen. Manche Staatsoberhäupter
wie Barack Obama oder der Papst entschuldigen sich in dem Video
mehrmals, manche kommen nur einmal vor.
Die Ritualhaftigkeit inszenierter Reueakte
Die
insgesamt über eineinhalb Stunden dauernden Apologies evozieren
Emotionen: Denn während eine Entschuldigung auf die nächste folgt, gehen
die Verbrechen weiter - und alles, was folgt, ist die nächste
Entschuldigung. Apologies lässt die Betrachtenden an der Menschlichkeit
zweifeln und sowohl über politische Verantwortung nachdenken als auch
über wohlfeile Entschuldigungen, die den Täter*innen oft mehr helfen als
den Opfern.
Die Literaturwissenschaftlerin und
Auschwitz-Überlebende Ruth Klüger stellte fest: "Man sagt 'Nie wieder'
und dann schauen Sie sich mal all die Massaker an, die inzwischen
passiert sind. Es ist absurd zu sagen, es soll nicht wieder passieren."
Aus diesem Grund hat Apologies seinen Platz im Jüdischen Museum Wien.
Die Arbeit reflektiert die Ritualhaftigkeit, aber auch die
Phrasenhaftigkeit von staatlich inszenierten Reueakten und fragt, wie
wir in Zukunft mit erlittenem und viel mehr noch mit begangenem Unrecht
umgehen wollen.
"Ursprünglich als Videoinstallation konzipiert,
ist Apologies eine Zusammenstellung von politischen Entschuldigungen und
eine Zeitleiste des politischen Fortschritts - als reuelose
Rückfälligkeit oder zerknirschte Wiederholung. Es handelt sich um eine
fortlaufende Arbeit, die in dieser Version mit dem Jahr 2016 endet.
Jedes Jahr werden Dutzende von Entschuldigungen gesammelt, sie werden
hinzugefügt, sobald es die Zeit erlaubt.
Die Zeit heilt nicht
alle Wunden; sie kann nicht alle Rechnungen begleichen oder alle
Streitigkeiten beilegen. Aber die Identität der einmal als solche
benannten Täter kann sich ändern, und die Aufgabe einer staatlichen
Entschuldigung besteht darin, einen symbolischen Akt zu dokumentieren,
der den Auftakt für eine mögliche Versöhnung und Vergebung bilden soll.
Um diese Ziele zu erreichen, ist die Aufrichtigkeit der Sprechenden von
größter Bedeutung, vor allem, wenn sie ihren Text von einem für sie
vorbereiteten Drehbuch ablesen." James T. Hong
Videoinstallation bis 12. Februar 2023 zu sehen
"James
T. Hong: Apologies v 2016.2, 2021" ist von 13. Oktober 2022 bis 12.
Februar 2023 im Jüdischen Museum Wien zu sehen. Die Präsentation der
Videoinstallation wurde vom Team des Jüdischen Museum Wien kuratiert.
Das
Jüdische Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien, ist von Sonntag bis
Freitag 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der zweite Standort, Museum Judenplatz,
Judenplatz 8, 1010 Wien, ist von Sonntag bis Donnerstag von 10 bis 18
Uhr, freitags 10 bis 14 Uhr (Winterzeit) bzw. 17 Uhr (Sommerzeit)
geöffnet.