Make Tariffs Great Again? – Update: Was die jüngsten US-Zölle jetzt für Österreichs Unternehmen bedeuten

16.12.2025

Wien – Linz, 16. Dezember 2025. Die handelspolitischen Spannungen zwischen den USA und der EU haben 2025 weiter an Dynamik gewonnen. Neue US-Zusatzzölle sowie ein politisch noch unverbindliches transatlantisches Handels-Framework verändern die Rahmenbedingungen für österreichische Exporteure spürbar. Für dieses Update hat LeitnerLeitner die aktuellen Entwicklungen in einer Veranstaltung am 26.11.2025 gemeinsam mit drei ausgewiesenen Expert:innen analysiert, unter ihnen Peter Pichler (Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner), Thomas Bieber (Vorstand am Institut für Finanzrecht der JKU Linz) sowie die im Bereich internationaler Handel und Zoll führende Anwältin Nithya Nagarajan (Husch Blackwell LLP Washington).

US-Zusatzzölle: Breite Belastung für EU-Produkte

Seit Frühjahr 2025 erheben die USA nicht nur generell höhere Importzölle (iHv von grundsätzlich 15% für EU-Waren) sondern ein breites Spektrum an Zusatzzöllen. Betroffen sind vor allem:

  • Fahrzeuge und Fahrzeugteile (25 %)

  • Stahl, Aluminium und entsprechende Derivate (50 %)

  • Kupferprodukte (50 %)

  • Diverse Holzprodukte und Möbel (10–25 %)

  • Mittel- und schwergewichtige Lkw (25 %)

Diese Zölle führen zu signifikant höheren Kosten, stellen bestehende Kalkulationsmodelle infrage und beeinflussen die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen am US-Markt.

"Die jüngsten US-Zölle wirken nicht nur kostentreibend, sondern verändern auch die betriebswirtschaftliche Logik vieler Exportmodelle. Unternehmen müssen ihre Kalkulationen aktualisieren und prüfen, welche Produkte im US-Markt weiterhin wettbewerbsfähig positioniert werden können", erklärt Peter Pichler.

Politischer Wendepunkt: Das neue transatlantische "Framework Agreement"

Mit dem im Juli erzielten "Framework Agreement on Reciprocal, Fair, and Balanced Trade" zeichnet sich ein möglicher Wendepunkt ab. Die EU plant, Zölle auf US-Industriegüter abzubauen und ausgewählten Agrar- und Fischereiprodukten (besseren) Marktzugang zu gewähren. Die USA würden im Gegenzug eine Tarifobergrenze von 15 % für den Großteil der EU-Ursprungswaren einziehen.

"Da das Abkommen derzeit jedoch noch nicht final in Kraft getreten ist, bleibt die Situation für österreichische Unternehmen volatil" erklärt Thomas Bieber.

EU-Handelsschutzmaßnahmen: Signale gegen globale Überkapazitäten

Parallel dazu verstärkt die Europäische Union ihre eigenen Schutzmaßnahmen, um die EU-Industrie vor Billigimporten zu schützen, welche aufgrund der US-Zölle und globaler Überkapazitäten in die EU umgeleitet werden. Neben den bestehenden Anti-Subventionszöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge steht ein vorgeschlagenes Maßnahmenpaket für den Stahlbereich im Fokus. Dieses sieht unter anderem reduzierte zollfreie Importmengen, eine deutliche Anhebung bestimmter Tarife auf 50 Prozent und strengere Herkunfts- und Nachweispflichten vor. Gerade für österreichische Branchen wie Maschinenbau, Metallindustrie und Automobilzulieferung enstehen dadurch zusätzliche Anforderungen und mögliche Kostensteigerungen.

Warenursprung bleibt das zentrale Risikofeld

Für die Anwendung der US-Zölle ist der tatsächliche Warenursprung entscheidend, nicht das Exportland. Produkte, die ursprünglich aus Drittstaaten – etwa China – stammen, gelten auch dann als solche, wenn sie lediglich in der EU gelagert oder weiterverteilt wurden.

Unternehmen sollten daher Ursprungsdokumentation, Lieferketten und die Herkunft eingesetzter Vorprodukte regelmäßig prüfen und klar nachweisen.

Praxiserfahrungen: Wo österreichische Unternehmen jetzt besonders gefordert sind

In der Exportpraxis zeigt sich, dass für österreichische Unternehmen im Lichte der neuen US-Zölle insbesondere folgende zollrechtliche Themenstellungen bei US-Exporten von zentraler Bedeutung sind:

  • Korrekte Tarifierung der Waren

  • Richtige Bestimmung zollrechtlicher Warenursprung

  • Korrekte Zollwertermittlung

  • Prüfung, wer vertraglich, rechtlich bzw wirtschaftlich eine zusätzliche Zollbelastung zu tragen hat

Besonders die korrekte Zollwertermittlung stellt eine komplexe Materie dar und sind insbesondere folgende Themen zu beachten:

  • Bei Stahl- und Aluminiumprodukten ist auf eine korrekte Berechnung und Verzollung des diesbezüglichen Anteils zu achten.

  • Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen müssen fremdüblichen (verrechnungspreisrechtlichen) Grundsätzen entsprechen.

  • An US-Empfänger erbrachte Dienstleistungen (wie zB Management-, Lizenz- und F&E-Gebühren) können ebenfalls Teils des Zollwerts für importierte Waren sein.

  • Die "First Sale Rule" ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Heranziehung eines vorgelagerten (niedrigeren) Rechnungspreises in der Lieferkette, setzt aber aus US-Sicht eine umfassende Dokumentation voraus und benötigt daher idR eine entsprechende Vorlaufzeit.

In diesem Zusammenhang ist von zentraler Bedeutung, dass bereits gesetzte oder angedachte Änderungen bei der Abwicklung von Exporten mit dem Ziel einer Reduzierung der US-Zollbelastung stets im Einzelfall zu prüfen sind, um Risiken in den USA zu vermeiden. Dieser Aspekt wird insbesondere auch von Nithya Nagarajan hervorgehoben.

"Wir befinden wir uns in einer Phase, in der rechtliche Rahmenbedingungen im internationalen Handel teils innerhalb weniger Wochen Änderungen unterliegen. Für Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, ihre Compliance-Systeme so zu gestalten, dass neue regulatorische Anforderungen zügig implementiert werden können, ohne die Rechtssicherheit ihrer Prozesse zu beeinträchtigen", betont Thomas Bieber, Vorstand am Institut für Finanzrecht der JKU Linz.

Ausblick: 2026 startet mit Unsicherheit und Anpassungsdruck

Der Ausgang der weiteren Verhandlungen zwischen den USA und der EU im Zoll- und Handelsbereich sowie die Reaktion der EU auf mögliche geänderte globale Warenströme aufgrund der US-Zölle, ist derzeit offen. Fest steht jedoch, dass sich die Anforderungen an international agierende Unternehmen weiter verschärfen werden.