Schlaganfallpatient*innen gestalten Forschung aktiv mit

23.04.2022

In Österreich erleiden jedes Jahr rund 25.000 Menschen einen Schlaganfall. Klinische Forschung bringt neue Therapien hervor, die das Leben nach Schlaganfall erleichtern. Doch die Betroffenen selbst werden in Österreich normalerweise nicht aktiv in die Planung und Durchführung der Studien einbezogen. Das Forschungszentrum VASCage geht nun neue Wege. Im Projekt ACTpatient gestalten Menschen mit Schlaganfall den Forschungsprozess von Anfang an mit.

 „Beim Forschungszentrum VASCage reden Patient*innen bereits in der Planung mit.“ (Foto: Carola Hanisch,VASCage)
„Beim Forschungszentrum VASCage reden Patient*innen bereits in der Planung mit.“ (Foto: Carola Hanisch,VASCage)


( VASCage bezieht Patient*innen und Angehörige im Projekt ACTpatient aktiv in die klinische Forschung ein, um Vorbeugung, Diagnose, Therapie und Rehabilitation bei Schlaganfall zu verbessern. "Nach einem Schlaganfall ist der Alltag für die Betroffenen nicht mehr derselbe. Es gibt Menschen, die halbseitig gelähmt sind oder die nicht mehr sprechen können. Sie können ihrem normalen Leben nicht mehr nachgehen", beschreibt Christian Böhme die Situation. Er ist Neurologe an der Medizinischen Universität Innsbruck.Eva Nachtschatt, Juristin bei VASCage, leitet ACTpatient, das vom Open Innovation in Science Center der Ludwig Boltzmann Gesellschaft unterstützt wird. Das zukunftsweisende Projekt wird jetzt auch in einem aktuellen Kurzfilm präsentiert.

"Wir forschen nicht an Patienten und Patientinnen, sondern gemeinsam mit ihnen", bringt Eva Nachtschatt den Grundgedanken partizipativer Forschung auf den Punkt und führt weiter aus: "Es geht uns um Teilhabe und Bewusstseinsbildung im Sinne der UN-Behindertenkonvention. Ärzte und Forschende sollten nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg entscheiden, sondern deren Sicht als Expert*innen in eigener Sache mitberücksichtigen." Bis jetzt hatten die Betroffenen in klinischen Studien lediglich die eher passive Rolle als Proband oder Probandin. ACTpatient will das ändern und sie jetzt aktiv und in jede Ebene der Forschung einbinden: bei der Planung, in der Interpretation der Ergebnisse und in der Kommunikation nach außen.

Der ACTpatient-Beirat setzt sich aus Patient*innen, Angehörigen, Interessenvertretern und Forschenden zusammen. Sie definieren die Schwerpunkte ihrer Arbeit und erhalten die dazu nötigen Schulungen. Unter anderem sollen Aufklärungsgespräche und Einverständniserklärungen verständlicher und die Studienteilnahme soll angenehmer werden. Eine Patientenforschergruppe wird ermitteln, welche konkreten Bedürfnisse bislang bei der Schlaganfall-Behandlung und bei der Nachsorge zu kurz gekommen sind.

Therapeutische Aufklärungsgespräche sollen durch die Beteiligung der Patient*innen verständlicher werden.“  (Foto: Carola Hanisch,VASCage)
Therapeutische Aufklärungsgespräche sollen durch die Beteiligung der Patient*innen verständlicher werden.“ (Foto: Carola Hanisch,VASCage)

"Wir erhoffen uns, dass wir durch die Einbindung von Patientinnen und Patienten ins Studiendesign die für die Betroffenen relevantesten Parameter abfragen," sagt Michael Knoflach, VASCage-Forscher und ebenfalls Neurologe an der Medizinischen Universität Innsbruck. "Die Durchführung klinischer Studien ist einer unserer wichtigsten Unternehmensbereiche. Wir wollen dieses neue, partizipative Konzept, das wir hier in ACTpatient entwickeln, als besonderes Qualitätsmerkmal auch in unseren künftigen klinischen Studien umsetzen", erklärt Matthias Ullrich, Geschäftsführer von der VASCage GmbH. Wir sehen darin auch einen wichtigen Beitrag, um die Kommunikation zwischen Forschenden und der Öffentlichkeit zu fördern und um das Vertrauen der Gesellschaft in klinische Forschung zu stärken."