(Wein4tel) „Das Weinviertel wird wieder in Orange gefärbt“

30.03.2022

Seit dem "3. Weinviertel-Tag" ist das gesamte Weinviertel wieder in Orange getaucht. Landtagspräsident Karl Wilfing, der Pate des LEADER Projektes "Regionsbewusstsein Weinviertel" war am Vormittag persönlich on Tour im Weinviertel, um einmal mehr die Weinviertel-Fahnen zu hissen. Ein besonderes Anliegen war ihm diesmal auf die lange und mit vielen Schicksalen verbundene Geschichte des Weinviertels hinzuweisen.

Wer an das Weinviertel denkt, hat Bilder einer bunten, sanft hügeligen Landschaft mit den malerischen Kellergassen sowie einem guten Achterl Weinviertler Wein im Kopf. Doch welche lange Geschichte hinter all dem steckt, wissen nur Wenige. Die LEADER-Regionen des Weinviertels und Weinviertel Tourismus haben dies im heurigen Jahr zum Schwerpunkt gemacht.

Landtagspräsident Karl Wilfing: "Schon vor 40.000 Jahren entdeckten die ersten Weinviertler:innen die Furchtbarkeit der Region, sodass das Weinviertel auf eine lange, laut den Ausgrabungen bei Kleinhadersdorf ev. sogar die älteste Besiedelungsgeschichte Österreichs, vorweisen kann." Diese Tatsache, als auch die Lage vor den Toren Wiens, machten die Region allerdings auch zum heiß umkämpften Kulturland und mehrmals zum Entscheidungs-Schlachtfeld in der Geschichte. Tragische Schicksalsjahre mit dem Eisernen Vorhang - die eine Zeit in einem toten Winkel Europas brachte - führten schlussendlich dazu, dass die Weinviertler:innen heute im Herzen Europas leben.

Weinviertel-Tag 3.0 - Ein Tag ganz im Zeichen der Geschichte unserer Heimat

"Seit dem 30. März weht vor jedem Gemeindeamt, jedem Rathaus und an frequentierten Plätzen der Region wieder die leuchtend orange Weinviertel-Fahne. Damit starten wir wieder gemeinsam durch und machen Heimatstolz und Regionsbewusstsein für alle Bürger:innen und Gäste sichtbar." Freuen sich die vier LEADER-Manager des Weinviertels Renate Mihle, Christine Filipp, Günther Laister und Markus Weindl. Drei Stationen im Weinviertel wurden vom Projektpaten Landtagspräsident Karl Wilfing persönlich besucht, um gemeinsam die Weinviertel-Fahne aufzuziehen. Die letzte Station in Hollabrunn fand in Vertretung von LT-Abg. Bgm. Richard Hogl statt. Wilfing: "Es ist mir immer wieder aufs Neue eine Freude, im frühlingshaften März den Weinviertel-Tag zu begehen. Mit Stolz und Selbstbewusstsein stehen wir zu unserem wunderbaren Viertel, so wie es heute ist. Und wir alle tragen jeden Tag die Verantwortung, es in allen Bereichen weiterzuentwickeln - sei es im kulturellen, wirtschaftlichen, im sozialen oder im ökologischen Bereich."

Die Weinviertel-Tour am 30.3.2022:

  • Station 1: Grenzsituation des Weinviertels und der Eiserne Vorhang.In der Gemeinde Schrattenberg an der Tschechischen Grenze stellte LTP Karl Wilfing die schwierigen Jahre am Eisernen Vorhang in den Vordergrund und erzählt auch seine persönlichen Erinnerungen an die noch gar nicht so lange zurückliegende Zeit. Bgm. Johann Bauer nutzte die Chance des Vorhangfalls und arbeitet seither sehr eng mit seinen Nachbargemeinden zusammen. Auch Hermann Hansy, viele Jahre Regionalmanager des Weinviertels, war Gast in Schrattenberg und erzählte über die Kooperationsprojekte mit den Nachbarländern Tschechien und Slowakei.

  • Station 2: Mittelalterliche Weinviertel, die Zeit Napoleons und warum sich die Weinviertler Ortschaften verstecken wollten.Vor dem Rathaus in Weikendorf wird ein Blick auf die Zeit der Habsburger und der Schlacht von Napoleon geworfen - die auch bei der diesjährigen Landesausstellung im Schloss Marchegg erlebt werden kann.

  • Station 3: Wie das Weinviertel zu seinem Namen kam.
    Im Stadtmuseum Korneuburg wird über die Namensgebung des Weinviertels berichtet. Interessantes Detail dabei ist, dass die Stadt Korneuburg ab 1774 bis zur Einführung der heutigen Bezirkshauptmannschaft Kreishauptstadt des Weinviertels war.

  • Station 4:Die Vorzüge des Weinviertels hat der Mensch schon früh erkannt - die erste Besiedelung des Weinviertels.Im passenden Setting des Hollabrunner Stadtmuseums stellte Mag. Gerhard Hasenhündl den anwesenden Ehrengästen, darunter LT-Abg. Bgm. Richard Hogl, die Besiedlungsgeschichte des Weinviertels vor, die im Museum auch im Rahmen einer Ausstellung bewundert werden kann.

Neben den Aktivitäten an den vier Standorten ist der Weinviertel-Tag auch Startschuss für gemeinsame bewusstseinsbildende Maßnahmen rund um das Weinviertel:

  • Die 122 Gemeinden des Weinviertels präsentieren sich explizit als Weinviertler Gemeinden, denn neben der Fahne, sind auch der Webauftritt und das Briefpapier im orangenen Weinviertel-Look gebrandet. Ganz unter dem Motto "Wir sind Weinviertel".

  • Ab sofort kann man wieder sein Facebook-Profilbild auf den bereits bekannten Weinviertel-Look ändern und zeigen wohin "ihr oder sein" Herz gehören. Der Titel des Profilbildes lautet: "Mein Herz schlägt für das Weinviertel!"

  • Im Sommer werden wieder die allseits beliebten Weinviertel-Liegestühle für eine bequeme Rast in der Weinviertler Landschaft sorgen.

  • Das ganze Jahre über ist es dem Projektteam ein Anliegen, Wissensvermittlung zur Geschichte des Weinviertels durchzuführen, mittels unterschiedlicher Kampagnen sollen die Weinviertler:innen auf die lange Geschichte der Region aufmerksam gemacht werden.

Das Projekt "Regionsbewusstsein Weinviertel" ...

...trägt vor allem zur Stärkung der regionalen Identität und der Verbundenheit der Einwohnerinnen und Einwohner zum Weinviertel bei. Getragen wird diese Initiative von den vier LEADER-Regionen des Weinviertels sowie Weinviertel Tourismus und allen 122 Gemeinden mit aktuell rund 300.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.

"Die Regionale Identität und die Verbundenheit der Einwohner:innen mit dem Weinviertel ist den LEADER-Regionen sehr wichtig", das betonen alle vier LEADER-Obleute Johann Gartner, Bgm. Kurt Jantschitsch, LAbg. René Lobner und Manfred Weinhappel. Im Rahmen verschiedener Projekte setzen die LEADER-Regionen Initiativen, um den Heimatstolz der Büger:innen zu steigern. Eine Bevölkerungsbefragung von April bis Mai 2022 soll weitere Erkenntnisse und spannende Inputs liefern wie das `Wir´-Gefühl in der Region gehoben werden kann.

Wie wichtig ein starkes Regionsbewusstsein in der Bevölkerung ist, betonen auch LAbg. Kurt Hackl und Geschäftsführer Hannes Steinacker von Weinviertel Tourismus. "Wenn die Weinviertler:innen selbst stolz auf ihre Region sind, dann werden sie diese positive Stimmung auch nach außen tragen - so wird die Bevölkerung zu einem Multiplikator der Marke Weinviertel", so Labg. Hackl und Geschäftsführer Steinacker abschließend.

Die Geschichte des Weinviertels - ein kurzer Abriss:

Wusstest du, dass der Mensch die Vorzüge des Weinviertels schon früh erkannt hat?

Bereits in der Ur- und Frühgeschichte war das Weinviertel dichter besiedelt als andere Teile Österreichs. Die günstigen Klimaverhältnisse und die besondere Beschaffenheit unserer fruchtbaren Böden boten perfekte Voraussetzungen für die Ansiedelung der ersten Weinviertler:innen. Schon in der Eisenzeit lebten bereits reiche Fürsten im Weinviertel - zumindest zeugen heute noch mächtige Grabhügel von dieser frühen Besiedelungsgeschichte, der bekannteste unter ihnen ist der Tumulus von Großmugl. Bereits lange vor Christi Geburt tauchten die Kelten im Weinviertel auf, später dann die Römer und in der Völkerwanderungszeit unter anderem die Langobarden. Im Frühmittelalter folgten die Awaren, besonders stark war das Weinviertel von slawischen Siedlungen geprägt. Es zeigt sich also, das Weinviertel war immer schon beliebter Siedlungsraum für die Menschen.

Wusstest du, dass sowohl die Habsburger als auch Napoleon entscheidende Schlachten auf Weinviertler Grund und Boden führten?

Fruchtbare Böden, ein guter Handelsweg durch die Bernsteinstraße und die Lage vor den Toren Wiens machten das Weinviertel auch zu einem heiß umkämpften Fleckerl Erde, das Weinviertel war über Jahrhunderte oft blutiger Schauplatz für kriegerische Auseinandersetzungen. Und das hinterließ seine Spuren.

Das mittelalterliche Weinviertel wurde Zeuge für den beginnenden Aufstieg der Habsburger. Im Sommer 1278 kam es zur großen Schlacht zwischen Rudolf von Habsburg und dem böhmischen König Ottokar, der zu diesem Zeitpunkt auch Österreich beherrschte, bei Dürnkrut und Jedenspeigen. Der Schlachtzug führte nach harten Kämpfen schlussendlich zu einem Sieg von Rudolf und damit zum Beginn der Habsburgerherrschaft.

Auch zu Zeiten Napoleons blieb das Weinviertel nicht verschont. Im Juli 1809 kam es zur bisher größten Schlacht der napoleonischen Kriege. 300.000 Soldaten trafen bei den Kämpfen bei Wagram (in der Umgebung von Deutsch Wagram) aufeinander. Napoleon sollte am Ende als Sieger über Erzherzog Karl von Österreich hervorgehen. Noch heute zeugen mehre Gedenktafeln in einzelnen Orten des Schlachtfelds vom Blutvergießen dieser Tage.

1918 geht durch die Abdankung Kaiser Karls die Habsburgerzeit zu Ende. Von Eckartsau aus verlässt Karl Österreich - damit verbindet man in gewisser Weise auch das Ende der Habsburgerzeit mit dem Weinviertel.

Wusstest du, dass die Weinviertler Bevölkerung in einem Krieg oft zweimal Opfer von Plünderung, Zerstörung und Leid war?

Nach den Gräueln der NS-Herrschaft war das Weinviertel Teil der sowjetischen Besatzungszone. In den letzten Zügen des 2. Weltkrieges wurde es wieder zum Aufmarsch- und Kampfgebiet. So kam es in den ersten Wochen der sowjetischen Bestatzungszeit zu Zerstörungen, Diebstählen und Vergewaltigungen. Erneut war das Weinviertel Kampfgebiet geworden.

Oftmals wurden die Weinviertler Dörfer im Zuge von kriegerischen Auseinandersetzungen bei und in Wien gleich zweimal Opfer von Plünderung und Zerstörung - zuerst beim Einmarsch und dann beim Rückzug der feindlichen Truppen. Die topographischen Gegebenheiten und die Vegetation des Weinviertels boten für die Bevölkerung dabei kaum Schutz vor einfallenden Kriegern und Soldaten. So nutze man, so gut es ging, jede Senke, jede Geländevertiefung als Schutz vor Angreifern und baute hier Höfe und Häuser dicht an dicht zusammen. Bis heute prägt diese "geschlossene Bauweise" das Ortsbild unserer Weinviertler Dörfer.

Wusstest du, wie das Weinviertel zu seinem Namen kam?

Der Manhartsberg im Westen, die March im Osten, die Thaya im Norden und im Süden die Donau: Inmitten dieser Grenzen liegt das Weinviertel. Nicht immer jedoch war das zunächst als "Viertel unter dem Manhartsberg beschriebene Land" ein so klar begrenztes Gebiet - und als "Weinviertel" ist es noch nicht lange bekannt.

Der Begriff Weinviertel taucht in schriftlicher Form das erste Mal im Jahr 1888 im so genannte "Kronprinzenwerk" auf. In diesem umfangreichen landeskundlichen Buch bezeichnet der Name "Weinviertel" das erste Mal das Gebiet zwischen dem Manhartsberg und dem Klippenzug (Rohrwald, Leiser Berge, Falkensteiner Höhen). Im Jahr 1928 definiert der Auersthaler Dr. Leo Helmer in seinem Buch den Begriff Weinviertel so wie wir es heute kennen.

Damit schien der Bann gebrochen und der Begriff "Weinviertel" setzte sich im weiteren Verlauf des 20 Jahrhunderts, unter dem Einfluss bekannter Persönlichkeiten und kultureller Werke endgültig durch.

Wusstest du, dass das Weinviertel durch den Eisernen Vorhang an den Rand der westlichen Welt gedrängt wurde?

Diese Grenze des Eisernen Vorhangs verlief am nördlichen und östlichen Rande des Weinviertels - hier schottete sich die damalige Tschechoslowakei, als Bruderstaat der Sowjetunion vom Westen ab. Nur zwei Jahre nach der kommunistischen Machtergreifung begann das Regime ab 1950, zunächst Verkehrswege in den Westen zu verbarrikadieren und Grenzübergänge zu schließen. Als dann 1956 die blutige Niederschlagung des Volksaufstands in Ungarn in einer größeren Fluchtwelle endete, verstärkte auch die Tschechoslowakei ihre Grenzanlagen massiv. Fortan gab es eine eiserne, tödliche Grenze zwischen den Weinviertel und seinen Nachbarländern.

Durch den Eisernen Vorhang wurde das Weinviertel an den geografischen Rand der westlichen Welt gedrängt und im damaligen Verständnis - überhaupt an das Ende der Welt. Es war als hätte man dem Weinviertel alle Möglichkeiten geraubt - und damit auch jedes Selbstbewusstsein. Abwanderung und (wirtschaftlicher) Stillstand waren die Folgen dieser Zeit und damit auch eine Aussichtslosigkeit auf jegliche Entwicklung.

1989 bringt für Europa den "Wind of Change", die Öffnung der Länder des Warschauer Pakts, die durch die neue Sowjet-Führung unwidersprochen bleibt, führt schlussendlich zu Öffnung der CSSR-Grenzen. Über Nacht war das Weinviertel 1989 nicht mehr Ende der freien Welt - sondern Mittelpunkt eines neuen und freien Europas. Für das Weinviertel war der Fall des Eisernen Vorhangs eine Jahrhundertchance und die Weinviertlerinnen und Weinviertler haben sie genutzt.

Was ist LEADER und warum setzen wir uns für derartige Themen ein?

LEADER bedeutet partizipative Regionalentwicklung die schon für eine Vielzahl von Entwicklungsimpulsen und Innovationen im ländlichen Raum gesorgt hat. Gemeinsam mit den Bürger:innen, Gemeinden, (Land-)Wirtschaftsbetrieben und regionalen Stakeholdern setzen die LEADER-Regionen dort an, wo regionale Impulse gefordert sind. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, dass ein solches System sofort auf regionale Problemfelder maßgeschneiderte Lösungen finden kann.

Im Weinviertel haben sich die vier LEADER-Regionen

  • LEADER Region Weinviertel-Manhartsberg www.leader.co.at

  • LEADER Region Weinviertel Ost www.weinviertelost.at