Ein internationales Team von Bienenforschenden unter Beteiligung der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat einen Calcium-Sensor in
eine Biene integriert. Mit seiner Hilfe kann die neuronale
Informationsverarbeitung bei der Honigbiene, unter anderem die Reaktion
auf Gerüche, untersucht werden. Dies gibt auch Aufschlüsse darüber, wie
soziales Verhalten im Gehirn verortet ist, wie die Forschenden in der
Fachzeitschrift PLoS Biology erläutern.
Insekten sind wichtige sogenannte Modellorganismen für die Forschung.
Denn auch wenn sich die Entwicklungslinien von Insekten und Menschen
schon vor mehr als 600 Millionen Jahren getrennt haben, haben sie doch
immer noch mehr als 60 Prozent der DNA gemeinsam.
Während seit über einem Jahrhundert vor allem die Fruchtfliege
(Drosophila melanogaster) der Forschung dient, wird inzwischen immer
mehr die Honigbiene (Apis mellifera) eingesetzt. Denn Bienen weisen ein
komplexes Sozialverhalten auf - sie müssen Leistungen in den Bereichen
Orientierung, Kommunikation, Lernen und Gedächtnis erbringen -, welches
Bienen insbesondere auch für die Untersuchung der Gehirnentwicklung und
neuronaler Prozesse interessant macht.
Ein Team von Forschenden der Universitäten in Düsseldorf, Frankfurt am
Main, Paris-Saclay und Trient hat nun eine Methode entwickelt, um dem
Bienengehirn direkt bei der Arbeit zusehen zu können. Von der HHU ist
die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Beye vom Institut für
Evolutionsgenetik an der jetzt in PLoS Biology erschienenen Studie
beteiligt.
Dazu wurde ein Calcium-Sensor ins Nervengewebe - die Neuronen -
eingebaut. Calcium spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivität von
Nervenzellen. "Wir haben den genetischen Code von Honigbienen so
verändert, dass ihre Gehirnzellen ein fluoreszierendes Protein
produzieren. Dieses dient als Sensor, mit dem wir die Bereiche
überwachen können, die als Reaktion auf Umweltreize aktiviert werden.
Die Intensität des ausgestrahlten Lichts variiert je nach neuronaler
Aktivität", erklärt Dr. Albrecht Haase, Professor für Neurophysik an der
Universität Trient.
Prof. Beye weist darauf hin, dass "es eine besondere Herausforderung
war, diese 'Sensor-Biene' zu realisieren. Denn wir mussten mit der DNA
der Bienenkönigin arbeiten. Im Gegensatz zu Fruchtfliegen können
Bienenköniginnen aber nicht einfach im Labor gezüchtet werden, da jede
von ihnen zum Überlegen eine eigene Kolonie benötigt."
Die Arbeit begann damit, in über Viertauend Bieneneier eine spezifische
genetische Sequenz einzuimpfen. Am Ende eines langwierigen Zucht-, Test-
und Auswahlprozesses standen schließlich sieben Königinnen, die den
genetisch kodierten Sensor in sich trugen. Wenn sie sich in ihrem
eigenen Staat fortpflanzten, gaben sie das Gen an einige ihrer
Nachkommen weiter.
Der von dem Forschungsteam entwickelte Sensor diente dann zur
Untersuchung des Geruchssinns der Bienen und wie die Wahrnehmung von
Geruch in den Neuronen genetisch kodiert ist. Prof. Dr. Julie Carcaud
von der Universität Paris-Saclay und Prof. Dr. Jean-Christophe Sandoz,
Forschungsdirektor am CNRS in Paris, erklären: "Die Insekten wurden mit
verschiedenen Gerüchen stimuliert und mit einem hochauflösenden
Mikroskop beobachtet. Auf diese Weise konnten wir feststellen, welche
Gehirnzellen durch diese Gerüche aktiviert werden und wie diese
Informationen im Gehirn verteilt werden."
Dr. Marianne Otte, Koautorin der Studie aus Düsseldorf: "Die Messungen
am lebenden Tier wurden mit einem 'Konfokalen
Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskop' durchgeführt, mit dem wir von außen
ins Gehirn der Biene schauen können. Dazu wird das Tier in einen
Messstand geschnallt und dann werden ihm verschiedene Geruchsproben
präsentiert."
Prof. Dr. Bernd Grünewald von der Universität Frankfurt und Leiter des
Instituts für Bienenkunde in Oberursel: "Mit der neuen 'Sensor-Biene'
lässt sich untersuchen, wie die Kommunikation innerhalb von Kolonien
funktioniert und wie sich die Sozialität allgemein auf das Gehirn der
Tiere auswirkt."
Hintergrund: Konfokales Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskop
Bei einem solchen Gerät wird Licht aus verschiedenen Richtungen auf
einen winzigen Punkt fokussiert. Nur wenn zum gleichen Zeitpunkt zwei
Lichtteilchen (Photonen) auf eines der fluoreszierenden Proteine
treffen, das an einen gerade aktiven Calciumkanal gekoppelt ist, wird
dieses Protein angeregt. Anschließend gibt es Licht einer
charakteristischen Wellenlänge ab, welches dann mit sehr hoher
räumlicher und zeitlicher Auflösung aufgezeichnet wird.